nachhaltige safari entscheidungen

So fällst du nachhaltige Safari-Entscheidungen (Video-Vortrag „Tourismus – Naturschutz – Kolonialismus“)

Wer nach Kenia reist, kommt an nachhaltigen Safari-Entscheidungen nicht vorbei. Ich habe schon an verschiedenen Orten in Kenia gewohnt, und war nur zweimal auf Safari und ein weiteres Mal in einem Nationalpark. Das ist im Vergleich eine recht geringe Quote.

Ein Grund dafür ist, dass Safaris einfach teuer sind.

Aber eigentlich haben mich Nationalparks einfach nie so richtig interessiert. Ich möchte lieber das Leben und den Alltag vor Ort kennenlernen und der Tourismus-Blase ein bisschen entkommen.

Wenn ich dann doch mal einen Nationalpark besuche, möchte ich möglichst nachhaltige Safari-Entscheidungen treffen.

Ich habe mich also vor meinem letzten Tagesausflug in den Lake Nakuru Nationalpark ausführlich mit der Geschichte und dem Konzept hinter Nationalparks beschäftigt. Und dabei sind so einige Probleme aufgetaucht, die auch du für deine nächste nachhaltige Safari-Entscheidung mitdenken darfst.

Inhaltsverzeichnis

Video-Workshop vom Reise Rückkehr Retreat

Dieser Vortrag entstand im Rahmen des Reise Rückkehr Retreats und behandelt die Themen, auf die ich im Artikel noch genauer eingehe.

1. Die Illusion der Wildnis

Könnte es sein, dass die Idee der Nationalparks auf einer falschen Annahme beruht? Die Kolonialmächte haben einfach nicht gesehen, dass die Landschaften, in denen sie sich bewegten, bereits von Menschen geprägt waren.

Es ist ein Missverständnis, dass Natur nur dann “gut” und “echt” ist, wenn sie “wild”, “unberührt” und frei von menschlichem Einfluss ist. In Wirklichkeit ist jedoch der allergrößte Teil der Landschaft von Menschen geprägt. Bestimmte menschliche Eingriffe, wie die indigene, nachhaltige oder regenerative Viehhaltung, haben die Bildung eines differenzierten Ökosystems erst ermöglicht.

2. Landnahme im Namen des Naturschutzes

Weil ja scheinbar keine Menschen in diesen großen Gebieten vorhanden sind, kommt es zu Landraub und Enteignung im Namen des Naturschutzes. Menschen werden aus ihren Gemeinden vertrieben, um Platz für vermeintlich schützenswerte Naturprojekte zu schaffen. Dabei entstehen oft erhebliche Ungleichheiten zwischen den Initiator_Innen und den betroffenen Gemeinschaften.

Um diese Praktiken irgendwie rechtfertigen zu können, bedienen sich die Kolonialmächte am Rassismus: Da diese Menschen als weniger wertvoll und würdig angesehen werden, kann ihre Vertreibung aus den Gebieten gerechtfertigt werden. Kompensation gibt es keine.

Und was sich anhört wie Praktiken aus der düsteren Vergangenheit, findet bis zum heutigen Tage statt. (Survival International ist eine Organisation, die darauf hinweist und für die Rechte der Betroffenen kämpft.)

nachhaltige safari entscheidungen
Wer wohl vor der Einzäunung des Lake Nakuru National Parks dort unterwegs war? Diese Frage hat meine nachhaltige Safari-Entscheidung stark beeinflusst.

3. Ungleiche Verteilung

Ist ein Naturschutzgebiet oder ein Nationalpark erstmal etabliert, wird er monetarisiert und als Ressource ausgebeutet.

Nachdem die Menschen, die dort ursprünglich im Einklang mit der Natur gelebt und mit ihren nachhaltigen Lebensweisen die Landschaft geprägt haben, vertrieben wurden im Namen des Naturschutzes, dürfen jetzt privilegierte, weiße Menschen gegen Bezahlung mit Autos und Gewehren hindurchfahren, um die angeblich unberührte Natur zu bewundern.

Große Organisationen und Investor_Innen verdienen dabei gutes Geld, das an der Lokalbevölkerung vorbeigewirtschaftet wird.

Weiße bestimmen über Praktiken und Regelungen im Park, sie profitieren von den Einnahmen und es sind ebenso hauptsächlich weiße Tourist_Innen, die in das Vergnügen kommen, diese Landschaften zu konsumieren und zu genießen.

Die Lokalbevölkerung bleibt ausgeschlossen, weil die Eintrittspreise unverhältnismäßig hoch sind. Ein Großteil der Menschen in Kenia hat noch nicht eines der großen Tiere gesehen, die einem auf Safari so begegnen und die in ihrem Land, in ihrer Heimat vorkommen, während das für viele Reisende aus dem globalen Norden einfach ein Häkchen auf einer Liste ist.

Dafür hat ein sehr kleiner Anteil der Bevölkerung ein ganz anderes Verhältnis zu diesen Tieren:

Afrikaner respektieren wilde Tiere, aber wir wollen sie nicht umarmen. Ich habe mal für eine NGO Kindern etwas über Elefanten beigebracht. Ich habe ihnen gesagt: Ihr müsst Elefanten wertschätzen! Das waren Kinder, die jeden Tag nach Hause gerannt sind, um nicht auf dem Schulweg von Elefanten angegriffen zu werden. Sie hatten ­riesige Angst vor diesen Tieren. Ich muss ihnen also sagen: Nehmt keine Abkürzung durch den Busch. Und nicht: Elefanten sind wundervoll.

Mordecai Ogada, kenianischer Ökologe im Gespräch mit Geo

4. Militarisierung im Umweltschutzgewand

Ein alarmierender Aspekt des nachhaltigen Tourismus ist die Militarisierung im Namen des Umweltschutzes. Gelder, die angeblich für den Schutz der Umwelt bestimmt sind, fließen in Waffen, Munition und Militärtechnologie.

Diese Diskrepanz wirft wichtige Fragen auf, denen wir uns bewusst stellen müssen. Wie können wir sicherstellen, dass unsere Unterstützung wirklich dem Umweltschutz zugutekommt?

Natürlich ist es schlimm, wenn eines der letzten Nashörner Gefahr läuft, wegen seines Horns getötet zu werden. Aber rechtfertigt das vier bewaffnete Männer, die das Tier rund um die Uhr bewachen? Was könnte mit dem Geld für all die militärische Ausstattung sonst Wirksames getan werden?

5. Greenwashing im Naturschutz

Eine weitere Herausforderung ist Greenwashing. Die Gründung neuer Naturschutzgebiete wird oft als Beitrag zum Klimaschutz dargestellt, obwohl die tatsächlichen Auswirkungen umstritten sind. Studien zum Thema werden von den Organisationen finanziert, die ein erhebliches Interesse an dem neuen Nationalpark haben.

Ich persönlich traue sowieso keiner Statistik mehr, die ich nicht selbst gefälscht habe. In meinem Artikel über Nachhaltigkeit beim Reisen kannst du alle Details zu dieser Problematik nachlesen. Vielleicht fällt dir danach eine nachhaltige Safari-Entscheidung leichter.

nachhaltige safari entscheidungen
Bisher kann niemand das Steigen des Wasserpegels im Lake Nakuru erklären. Auch als besonders nachhaltig ausgerufene Praktiken gibt es noch keine.

Was tun? Drei Schritte für deine nachhaltige Safari-Entscheidungen

All diese Erkenntnisse sollen dich nicht davon abhalten, dich für eine nachhaltige Safari zu entscheiden. Hier sind drei Schritte, die du durchdenken kannst und die dir deine Entscheidung eventuell erleichtern können:

1. Reflektion

Wenn du hier schon eine Weile mitliest, weißt du, was jetzt kommt. Meine Lieblingsübung vor jeder Reise: Hinterfrage deine Erwartungen. (Das geht zum Beispiel im kostenfreien Reisetagebuch.) Werde dir darüber klar, was du auf deiner Safari erleben willst und woher diese Wünsche und eventuell auch Vorurteile kommen.

2. Nachhaltige Safari-Entscheidungen

Triff eine Entscheidung und steh dazu. Basierend auf all deiner Recherche und den Gedanken, die du dir gemacht hast, kannst du dir selbst vertrauen und deine Pläne für eine nachhaltige Safari jetzt ausgestalten. Ein schlechtes Gewissen oder ein abwertende Haltung werden dir die Erfahrung gründlich vermiesen. Wenn du eine nachhaltige Safari-Entscheidung gefällt hast, stehe dazu und komm in die Umsetzung.

3. Achtsamkeit

Das bedeutet aufmerksame Recherche vor der Reise. Hol dir so viele Informationen ein, wie du brauchst, um eine nachhaltige Safari-Entscheidung zu treffen. Geh ruhig tiefer, lies dich in lokale Medien ein und suche auch nach Kritik und Kontroversen zu den Parks, die du dir ausgesucht hast.

Achtsamkeit bedeutet auch, dass du dich selbst während der Safari beobachtest und auf deine Haltung achtest. Überheblichkeit oder Besserwisserei schleichen sich gerne mal ein, auch bei mir. Dann bekommt die gesamte Reiseerfahrung jedoch einen bitteren Beigeschmack. Nimm dann deine unmittelbare Umgebung mit allen Sinnen wahr, um wach zu bleiben für Momente voller Reisemagie.

Nachhaltige Safari-Entscheidungen im KOntext von Tourismus, Naturschutz und Kolonialismus

Es gibt einen Zusammenhang zwischen Tourismus, Naturschutz und Kolonialismus. Das Bild, das wir von Nationalparks in anderen Teilen der Welt haben, basiert auf kolonialen Ideen. Diese werden nach wie vor in die Praxis umgesetzt und haben tiefgreifende Folgen für die Menschen vor Ort.

Bei deiner nachhaltigen Safari-Entscheidung geht es nicht darum, mit reinem Gewissen zu reisen. Das ist in der Komplexität der heutigen Welt kaum mehr möglich. Wir können aber mit Verantwortungsbewusstsein und Achtsamkeit auch auf einer Safari die Erfahrung vertiefen und mit den richtigen Entscheidungen die Diskriminierung im Natur-Tourismus verringern.

Heinrich Böll Stiftung: Dekoloniale Dialoge – Naturschutz und Ausbeutung von Ressourcen im (neo)kolonialen Kontext


Erzähl mir von deinen Erlebnissen im Nationalpark. Geht es dir ähnlich wie mir? Und wie wirst du deine nächste Reise gestalten, mit dem Wissen über Kolonialismus? Brauchst du noch mehr Hilfe? Lass es mich gerne unten in den Kommentaren wissen.

Transparenz:

Diesen Artikel habe ich mit Hilfe von ChatGPT aus einem Transkript meines eigenen Videovortrages zusammengestellt.

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[…] erlebt und werden weiterhin und fortlaufend traumatisiert. Frühere Generationen wurden kolonialisiert und mussten sich assimilieren. Ein Prozess, bei dem sie sich von ihren lokalen Kulturen, Bräuchen […]