Vor meiner Auswanderung darf ich richtig aussortieren. Ich löse unsere Wohnung komplett auf und nehme nur das mit, was ins Gepäck passt. Kein Schiffscontainer, kein Übergepäck.
Hier sind alle meine Tipps, auch die ausgefallenen, die ich beim Aussortieren vor der Auswanderung gelernt habe.
Inhaltsverzeichnis
- A) Schon vor der Auswanderung richtig aussortieren
- B) Die heiße Phase: Kurz vor der Auswanderung richtig aussortieren.
- C) Extra-Tipps und Tricks für Minimalistinnen
- D) Zusammenfassung
- Checkliste
A) Schon vor der Auswanderung richtig aussortieren
1. Sehr sehr (sehr!) früh anfangen
Beginne mit dem Ausmisten schon beim kleinsten Anflug einer Auswanderungsidee. Wenn du spürst, dass du nicht für immer und ewig an diesem einen Ort verwurzelt sein möchtest, dann lade den Minimalismus in deine Lebensgestaltung ein.
Als ich vor sechs Jahren zurück nach Deutschland kam, war bereits klar, dass dies kein Aufenthalt von unbegrenzter Dauer wird. Ich wusste noch nicht, wann und wohin ich wieder auswandern würde. Doch weil klar war, dass es eines Tages so kommen wird, habe ich mein Leben und das meiner Familie entsprechend gestaltet.
- So hatten wir zum Beispiel nie ein Auto (und müssen jetzt keines mit Wertverlust loswerden).
- Wir haben immer zur Miete gewohnt und haben viel Flexibilität und wenig Verbindlichkeiten oder bindende Dinge oder Situationen zugelassen.
2. Das Leben als Provisorium
Ich habe sehr wenige neue Dinge gekauft. Alle Möbel und Gebrauchsgegenstände sind gut erhaltene, benutzte Sachen, die ich günstig gekauft oder geschenkt bekommen habe. Die Möbel in unserer Wohnung haben wir zum großen Teil von unseren Vermietern übernommen. Entsprechend fällt es mir nicht schwer, mich jetzt von ihnen zu trennen.
Stöbere in Kleinanzeigen oder auf Flohmärkten, wenn du etwas brauchst. Baue dir Regale aus Kisten, ein Bett aus Paletten usw. Es ist viel einfacher, solche Dinge vor der Auswanderung auszusortieren, als sich von sehr hochwertigen, neuen Sachen zu trennen.
3. Multifunktion
Von der Permakultur, einer holistischen Art der biologischen Landwirtschaft, habe ich mich zu folgendem Grundsatz inspirieren lassen:
Alles, was ich besitze, muss mehr als eine Funktion haben.
Je flexibler und vielseitiger verwendbar Gebrauchsgegenstände sind, desto weniger Sachen besitzt du.
So kann eine Schlafcouch mit Stauraum zum Beispiel eine Gästematratze und eine Wäschetruhe ersetzen. Und mein Baby lernt mit Teelöffel und einem kleinen Glas essen und trinken. Babybesteck und -geschirr nur für die kleinste Person in der Familie habe ich noch nie gebraucht.
Vielleicht kannst du zumindest darauf achten, dass deine Neuanschaffung auch auf Reisen oder in deiner neuen Heimat nützlich ist.
4. Eins rein, eins raus
Halte deinen Hausstand konstant, indem du der strengen Regel folgst:
Für jedes Teil, das neu dazukommt, muss ein anderes gehen.
Denn:
5. Jedes Ding konsumiert deine Energie.
Jedes Mal, wenn du über eine (gebrauchte) Neuanschaffung nachdenkst, rufe dir auch in Erinnerung, dass diese Sache von dir verwaltet werden muss.
Vielleicht muss es geputzt oder gewartet werden. Nach Gebrauch muss es an seinen Ort zurückgeräumt werden, wo es einfach Platz einnimmt.
Alle Dinge, die dir gehören, bedürfen deiner Energie, deiner Aufmerksamkeit und wollen auf die ein oder andere Art “verwaltet” werden.
Diese Tatsache hilft dir vielleicht bei der Entscheidung über Neuanschaffung, Verzicht oder eine andere Zwischenlösung (wie Ausleihen, gebraucht kaufen, selber machen usw.)
6. Wertverlust beim Aussortieren vor der Auswanderung
Was du teuer gekauft hast, wirst du vielleicht nur noch für wenige Euro los. Denke bei Neuanschaffungen daran. Der Wertverlust ist höher, wenn du neue Sachen kaufst. Bei gebrauchten Dingen, die sowieso nicht viel kosten, aber noch gut erhalten sind, sinkt der Wert nicht so schnell.
Mir hat es besonders Spaß gemacht, meine Pflanzen zu verkaufen. All die Ableger, die ich von Freundinnen bekommen und gehegt und gepflegt habe, konnte ich nun für ein paar Euro mehr an andere Pflanzenfreundinnen weitergeben.
7. Ganz früh beginnen hilft dir auch beim Verkauf.
Wenn du sehr weit vor dem Auswandern mit dem Aussortieren beginnst, kannst du besonders Kleidung und andere saisongebundene Sachen leichter loswerden.
Ich schätze, ich werde auf meinen Winterjacken sitzenbleiben. Ich habe es nicht geschafft, sie rechtzeitig zu verkaufen, und im Sommer, kurz bevor wir auswandern und ich sie loswerden möchte, ist die Nachfrage denkbar niedrig.
Mit einem langen Vorlauf passiert dir das nicht und du kannst die Jahreszeiten fürs Aussortieren nutzen.
8. Bonus-Tipp: Spiele das Minimalismus-Spiel.
Um dich zu motivieren, spiele das Minimalismus-Spiel von The Minimalists.
Schließe dich mit jemandem zusammen. Am ersten Tag des nächsten Monats sortiert jeder von euch ein Ding aus. Am zweiten zwei. Am dritten drei usw.
Am Ende des Monats sollte jeder von euch 465 Dinge aussortiert haben, die dann auch wirklich den Hausstand verlassen haben sollten. Wer länger durchhält, gewinnt.
B) Die heiße Phase: Kurz vor der Auswanderung richtig aussortieren.
9. Sperrmüll
Informiere dich zuallererst über den Sperrmüll.
Kannst du Sachen abholen lassen? Was sind die Kosten? Gibt es feste Termine oder begrenzte Mengen?
An unserem Wohnort wird Sperrmüll viermal im Jahr abgeholt. Diese Termine waren die Eckdaten meines Zeitplans. Einige Möbel wollte ich vorher noch “zu verschenken” anbieten. Also leerräumen, Anzeige einstellen, verschenken. Was übrig blieb, kam bereits drei Monate vor der Auswanderung auf den Sperrmüll.
10. Stauraum
Lege ZUERST fest, wie und wo du Sachen lagern möchtest. Erst DANN kannst du mit dem Aufbewahren beginnen. (Lies das nochmal, denn das ist der Game Changer!)
Andersherum ist die Versuchung zu groß, einfach alles aufheben zu wollen und das kann teuer oder unpraktisch werden.
Miete also zum Beispiel eine Garage oder einen Stauraum, falls du viele Dinge irgendwo lagern willst. Wenn dieser Raum voll ist, musst du alles andere loswerden.
Oder beschränke dich auf ein Möbelstück. Ich werde vermutlich eine Kommode bei Verwandten in den Keller stellen. Das sind vier große und zwei kleine Schubladen, die ich mit Taufkerzen, Fotos und Steuerunterlagen fülle. Mehr Stauraum gestehe ich mir erst gar nicht zu, und so bin ich gezwungen, alles andere gehen zu lassen.
Zwinge dich, vor der Auswanderung richtig radikal auszusortieren. Ich habe schon von so vielen gehört, dass sie an mehreren Orten der Welt kleine Stauräume haben, die teilweise Geld (und oft auch Nerven) kosten, und die genau das beinhalten, was man sich dann in der neuen Heimat sowieso wieder neu gekauft hat.
11. Zimmer frei räumen
Mache nach und nach die Zimmer deiner Wohnung komplett leer und nutze sie nur noch als Packstation, oder gar nicht mehr und vermiete sie zum Beispiel. (Oder stelle sie Freund*innen oder anderen Menschen, die aus weltpolitischen Gründen gerade ein Zimmer brauchen, zur Verfügung.)
Das ist ein ähnliches Prinzip wie oben: Wenn du weniger Fläche zur Verfügung hast, zwingst du dich selbst, auch die Dinge loszuwerden, die vorher diese Fläche eingenommen haben.
12. Schränke verkaufen, wenn sie noch in Gebrauch sind
Stelle die Möbelstücke, die Stauraum bieten, bereits zum Verkauf, wenn noch Sachen drin sind. Wenn sie nur noch für den Sperrmüll taugen, bereite sie sehr früh dafür vor.
Auch damit entziehst du dir Stauraum und bist gezwungen, die Dinge, die darin liegen, ebenfalls loszuwerden.
13. Die Kiste an der Tür
Halte eine Kiste an der Tür bereit, in der du Dinge sammelst, die du entsorgen möchtest.
Hier hinein kommen die Bücher für den öffentlichen Bücherschrank, die Gläser für den Glascontainer, die Kleidung für den Secondhand-Laden, der Krimskrams fürs Tauschregal und alle entliehenen Dinge, die du schon lange mal zurückgeben wolltest.
Diese Sachen kannst du immer mal wieder mitnehmen, wenn du das Haus verlässt.
14. Päckchen zum Nachsenden packen
Falls du doch nicht alles gleich mitnehmen kannst, dann lass dir ein paar Dinge nachschicken.
Ich packe für ein paar Familienmitglieder Päckchen mit meinen Dingen, die ich nicht sofort brauche. Sobald ich dann in der neuen Heimat ein Postfach habe, können sie mir meine eigenen Sachen hinterherschicken. Das Porto ist dann quasi ihr Weihnachtsgeschenk an mich.
Falls du das auch machen möchtest, packe diese Kisten rechtzeitig und gib sie ab.
Lass in den Päckchen auch noch Platz für ein paar Sachen, die es nur in Deutschland und nicht in deiner neuen Heimat gibt. Bei mir ist das zum Beispiel Roggenmehl, Pumpernickel und Naturkosmetik.
15. Dokumentieren und kennzeichnen
Es kann helfen, den Inhalt der gepackten Päckchen und auch der verstauten Sachen, die in Deutschland bleiben, nochmal abzufotografieren. So weißt du, was noch nachgeschickt wird und was du am neuen Ort noch nicht neu kaufen musst.
Du kannst dir auch aufschreiben, was wo drin ist. Fertige detaillierte Listen von allen verstauten und aufgehobenen Dingen an. Das klingt aufwendig, erspart dir aber das Suchen.
Stell dir vor, du hast noch ein paar Unterlagen bei deinen Freunden verstaut und aus irgendeinem Grund braucht ein Amt dieses eine Dokument. Es ist viel angenehmer, relativ schnell sagen zu können, wo genau dieses Dokument zu finden ist, als über wackeliges Internet virtuell mit deinen Freunden auf die Suche zu gehen.
Falls du, so wie ich, alles erst in Kisten packst, bevor du es loswirst, empfehle ich dir auch, die Kisten zu etikettieren.
Beim ersten Anlauf wusste ich nämlich irgendwann nicht mehr, wo ich die Kleidung für die Kleiderkammer hingepackt hatte. Ich musste erst nochmal alle Kisten aufmachen und durchwühlen und überlegen, was ich mir dabei gedacht hatte.
Auch bei den Büchern war ich mir irgendwann nicht mehr sicher. Bücherschrank oder doch noch verkaufen? Ich musste sie alle noch einmal durchgehen.
Stell dir also verschiedene Kisten für verschiedene Bestimmungen auf (Bücherschrank, verkaufen, Kleiderkammer, Altkleider-Container, bei den Kleinanzeigen einstellen, bereits bei den Kleinanzeigen eingestellt usw.) und ganz wichtig: markiere sie von Anfang an entsprechend.
16. Bonus-Tipp: Hol dir Hilfe für richtige Aussortieren vor der Auswanderung!
Hol dir rechtzeitig und regelmäßig und viel Hilfe in jeglicher Form. Ich engagiere zum Beispiel eine Babysitterin, damit ich in Ruhe aussortieren kann.
Spiele das Minimalismus-Spiel (siehe oben). Lass dir Essen bringen.
Bei wem wirst du schlafen, wenn du die Matratze weggebracht hast? Wo kannst du deine restlichen Sachen unterstellen, während du dich bei deiner Familie verabschiedest? Wer bringt welche Koffer wann zum Bahnhof oder Flughafen?
Du musst das nicht alleine machen. Bitte um Hilfe und nimm sie an.
C) Extra-Tipps und Tricks für Minimalistinnen
17. Auch digital richtig aussortieren
Während sich deine Wohnung leert, herrscht in der Cloud Chaos. Wenn du also deine materiellen Dinge aussortiert hast, ist es vielleicht auch mal an der Zeit, folgende digitalen Sachen auszumisten:
- Fotos
- Festplatten
- Clouds, online Speicher
- Konten, Accounts
- Lesezeichen
- Apps
18. Nutze den Mond, um vor der Auswanderung richtig auszusortieren.
Alle Hobby-Astrolog*innen nutzen natürlich den abnehmenden Mond zum Aussortieren.
In der Zeit zwischen Vollmond und Neumond geht die Energie angeblich nach innen und hilft uns, Dinge loszulassen. Was bis Neumond nicht abgeholt oder gekauft wurde, sollte vielleicht einfach vorher noch entsorgt werden. Denn bei zunehmendem Mond fällt das Loslassen dann wieder schwerer.
19. Bonus-Tipp: Dankbare Grundhaltung
Hin und wieder gerate ich in Rage, und dann fliegt wirklich alles radikal in den Müll: Kleidung, die eigentlich nur genäht werden müsste. Souvenirs / Staubfänger. Und ja, auch die ein oder andere Kinder-Zeichnung.
In dieser Stimmung kommt irgendwie leicht Ärger und Frust auf. Ich frage mich, warum das Chaos nicht weniger wird, obwohl ich schon so viel weggeschmissen habe. Warum schenken mir Leute immer so einen Mist? Und warum müssen die Kinder jedes angeknackste Schneckenhaus mit nach Hause bringen?
Dann heißt es: Atmen und achtsam sein. Es liegt an mir, meine beginnende negative Energie einfach wie mit einem Schalter umzulegen. Und zwar indem ich wieder dankbar bin für die Dinge, die ich eben so haben durfte, die mir geschenkt wurden, die mir zur Verfügung stehen, und in denen die Kinder Zauberkräfte sehen.
Mit einer dankbaren Grundhaltung bekommt das Aussortieren vor der Auswanderung wieder einen positiven Beigeschmack und geht leichter.
D) Zusammenfassung
Beginne also möglichst früh vor deiner Auswanderung mit dem Aussortieren und gestalte dein Leben generell multifunktionell, provisorisch und minimalistisch. Arbeite dich von Groß nach Klein, von Räumen zu Möbelstücken zu all dem Krimskrams. Lass dir helfen und beziehe ruhig auch Achtsamkeit mit ein.
Checkliste
Hier findest du eine Checkliste, die dich durch alle Schritte führt.
Was davon klingt so verrückt, dass du es gleich heute noch umsetzen wirst? Schreib mir gerne!
Liebe Laura,
ich habe zwar nicht die Absicht (nochmal) auszuwandern, aber deine super Tipps und Tricks kann man auch für jeden Umzug nutzen. Und außerdem sind es ja auch tolle minimalistische Ideen. Spannend ist auch das mit dem Mond. Das nächste Entrümpeln mache ich also nur noch bei abnehmenden Mond 🙂
Lebst du jetzt in Kenia?
alles Gute
Grit
Liebe Grit,
Danke für deine lieben Worte. Achte mal auf den Mond, wenn man genau hinspürt, merkt man den Unterschied.
Ja, ich lebe seit einem knappen Jahr in Kenia.
Herzliche Grüße!
Laura