Ich habe mich früher mal lustig gemacht über Leute, die eine App brauchen, um ihre Handyzeit zu reduzieren. Warum machen sie es nicht einfach, habe ich mich damals gefragt? Und heute, wo es mir ähnlich geht, stehe ich vor genau dieser Frage. Inzwischen beschäftige ich mich damit, wie ich endlich ohne Social Media reisen kann.
Ich hatte mit 27 mal kurz ein Smartphone, aber so richtig genutzt habe ich es erst mit 30. Auch Instagram habe ich anfangs ausschließlich vom Laptop aus bedient. Ich habe meine Fotos nämlich mit einer Kamera gemacht und nicht mit dem Handy.
Erst fürs Marketing beim Achtsam Reisen Festival habe ich die App auf dem Handy installiert. Auch gegen Storys habe ich mich lange gesträubt. Ich bin also spät zu Instagram gekommen und freunde mich nur sehr schwer und langsam mit den ganzen neuen Features an.
Und doch hat mich die App in dieser vergleichsweise kurzen Zeit soweit beeinflusst, dass ich sie inzwischen wieder vom Handy gelöscht habe und nur noch am Laptop nutze.
Ich spreche in diesem Artikel hauptsächlich, aber nicht ausschließlich über Instagram. Es geht mir jedoch persönlich darum, einen guten Umgang mit den sozialen Medien und dem Online-Dasein an sich zu finden.
Inhaltsverzeichnis
- Die Nachteile von Instagram & Co.
- Die positiven Seiten von sozialen Medien
- Das Problem ist das System.
- Meine Angst, wenn ich ohne Social Media reise und lebe
- Meine Strategie für ein Leben und Reisen ohne Social Media:
- Das Ziel: Leben und Reisen ohne Social Media – der konkrete erste Schritt.
- To be continued
- Und du? Reist du ohne Social Media?
- Weiterführende Links & Dokus
- Anmerkungen
Die Nachteile von Instagram & Co.
Das sind die Nachteile von Instagram (und anderen sozialen Medien) für mich:
Als Konsumentin
1. Zeit
Mein größtes Problem: Zeitverschwendung. Ich verschwende so viel Zeit mit scrollen und habe keine Kontrolle mehr darüber. Wer kennt es nicht? Du willst nur kurz was gucken und zwei Stunden später tauchst du aus dem Scroll-Tunnel auf und weißt nicht, wo deine Zeit hin ist.
2. Ausschnitt und Erwartungen an mich selbst
Wenn ich anderen Leuten dabei zusehe, wie toll ihr Alltag ist, wohin sie jetzt schon wieder gereist sind, welches nächste Produkt sie kreieren und welches Projekt sie starten – dann werde ich neidisch und fange an, mich mit diesem winzigen Ausschnitt aus jemandes Leben (von dem nur ein winziger Prozentsatz gezeigt wird) zu vergleichen. Ich rede mich selbst schlecht, weil ich glaube, nicht mit dieser Person mithalten zu können.
3. Dopamin, Stress & Abhängigkeit
Die meisten Apps sind heute so gestaltet, dass wir so lange wie möglich dort bleiben. Das sind die psychologischen Tricks, weswegen App-Entwickler_Innen, die das wissen, ihre Kinder die Apps nicht nutzen lassen. Ich habe mich nur sehr schwer wieder lösen können und es manchmal einfach nicht mehr geschafft, das Handy wegzulegen. Jedes neue Video, jeder neue Like war wie ein kleiner Dopamin-Stoß, den ich danach immer wiederholen wollte.
Ich habe auch mehrmals an Abstimmungen teilgenommen, um Menschen und Projekte zu unterstützen, die ich wichtig finde. Auch hierbei geht vieles über Likes und das Teilen mit anderen. Auch solche Aktionen versetzen mich in einen Stresszustand, weil ich mitfiebere und weil mir suggeriert wird, ich müsste ständig den Stand der Abstimmung prüfen und noch mehr klicken, liken und teilen.
Außerdem wird in den sozialen Medien oft ungefiltert und unüberlegt diskutiert bzw. die Meinung kundgetan. Das hat inzwischen verletzende bis rechtswidrige Ausmaße angenommen. Manchmal kann ich nicht glauben, was für Kommentare manche Menschen hinterlassen. Ich bin mir sicher, sie würden ihren ganzen Hass und ihre Bitterkeit nicht so ungefiltert in einem Treffen von Mensch zu Mensch herauslassen.
Die Macher der Apps setzen auf Emotionen, um uns auf den Plattformen zu halten und bestimmte Verhaltensweisen zu triggern. Dabei ist es egal, ob negative oder positive Emotionen. Leider nimmt meiner Ansicht nach die negative Stimmung in den sozialen Medien immer mehr überhand. Die Beiträge machen uns wütend oder traurig, und um das zu kompensieren, können wir praktischerweise in den Apps gleich Lösungen kaufen. Das ist der Teufelskreis, die in die Plattformen eingebaut sind: Ich nutze sie, ich werde gestresst, ich trage dazu bei, dass andere gestresst sind, wir suchen Erholung in der App selbst und werden nur noch gestresster, wir kaufen eine scheinbare Lösung dafür in der App.
4. Kurzlebigkeit
Die immer kürzeren Inhalte zerstörten meine Aufmerksamkeitsspanne. Für komplexe Themen hatte ich kaum noch Geduld oder mentale Kapazität. Alles wird mit einem Bildchen oder in 30 Sekunden abgehandelt. Für die Vielschichtigkeit und Komplexität der Welt fehlt mir schon fast der lange Atem.
5. Privatsphäre
Allein durch die Anmeldung bei und die Nutzung der App weiß der Konzern dahinter ja schon mehr über mich als mir lieb ist. Meine Daten werden unweigerlich weitergegeben und verkauft. Ich bin das Produkt, das von einer Datensammelmaschine an eine Werbemaschine weiterverkauft wird. Und dieser Gedanke ist mir einfach sehr unangenehm.
6. Überforderung
Es gibt so viele Möglichkeiten. Anfangs habe ich noch schöne Bilder in chronologischer Reihenfolge durchscrollen können. Jetzt kann ich zu Threads, Sachen entdecken, speichern und teilen – aber wie schon oben erwähnt, überfordern mich ja schon die Stories und Highlights.
7. Zensur
Instagram hat undurchschaubare Zensurmechanismen. Stillende Mütter, Menschen, die nicht in die gesellschaftliche Norm passen, Bilder, Meinungen und Äußerungen von Minderheiten, politisch unpopuläre Standpunkte – all das wird gecancelt oder mit einem Shadow Ban behängt (also nicht mehr ausgespielt, ohne dass die Inhaber_Innen der Profile es überhaupt mitbekommen). Übrig bleibt ein weißer Einheitsbrei der üblich sexistischen, rassistischen, ableistischen oder schlicht nichtssagenden Posts.
8. Sicherheit
Es gibt so einige Maschen, mit denen Betrüger_Innen versuchen, an deine Zugangsdaten zu kommen oder dir Geld aus der Tasche zu ziehen. Auch ich habe schon so einige zwielichtige Nachrichten bekommen und fühle mich selbst als Nutzerin bei Instagram einfach nicht mehr sicher.
Als Creatorin
1. Zeit
Auch bei der Erstellung von Inhalten frisst Instagram sehr viel meiner wertvollen Zeit. Für ein Reel von 30 Sekunden habe ich oft über eine Stunde Arbeitszeit investiert. Mit mehr Übung wurde es besser, und trotzdem steht für mich der Aufwand in keinem Verhältnis zum Ergebnis.
2. Ausschnitt und Erwartungen
Die Menschen sehen immer nur einen winzigen Ausschnitt meines Alltags und meiner Realität. Eben den, den ich gerade für teilenswert und relevant halte. Von diesem Standpunkt aus schließen sie dann auf alles andere. Das schafft falsche Erwartungen. Es gibt viele Leute, die sich immer mehr erklären müssen, weil von einem Post auf alles andere einfach so geschlossen wird.
3. Dopamin & Abhängigkeit
Nicht nur als Konsumentin habe ich meine Unabhängigkeit verloren. Natürlich machen Follower und Likes mich auch als Creatorin süchtig. Wenn ich sehe, dass es Däumchen hoch, Herzchen oder sogar Kommentare gibt, erlebe ich einen kleinen Dopamin-Kick, den ich dann so schnell wie möglich wiederholen möchte.
Also fotografiere und schreibe ich irgendwann nur noch mit Instagram im Hinterkopf. Meine Intention verändert sich: Es geht nicht mehr so sehr darum, mich auszudrücken oder den Moment oder den Gedanken festzuhalten, sondern darum, was anderen gefallen könnte. (Das hat besonders auf Reisen Einfluss auf mein Verhalten.)
Ich habe zudem immer das Gefühl, ich müsste jetzt etwas posten. Ich müsste regelmäßig kommentieren und liken, um irgendwie relevant zu bleiben oder überhaupt gefunden zu werden. Das versetzt mich in eine innere Unruhe, die vollkommen unrealistisch ist. Während mein Körper sich permanent fühlt, als lauere gerade irgendwo ein Säbelzahntiger, ist die Gefahr überhaupt nicht real. Cortisol wird trotzdem tonnenweise ausgeschüttet und das wirkt sich negativ auf mein Nervensystem aus.
Als Creatorin bin ich zudem selbst angehalten, künstliche Dringlichkeit zu erzeugen (z.B. Early Bird Preise, Verfügbarkeit nur für einen bestimmten Zeitraum usw.). Nur so könne ich mein Zielpublikum dazu bringen, zu klicken, teilzunehmen und zu kaufen. Ich möchte aber auch in meiner Leserschaft keinen Stress oder Druck erzeugen, weil mir selbst das ebenfalls unangenehm ist.
Und selbst wenn ich meine Abhängigkeit in den Griff kriege, trage ich mit meinen Posts weiterhin dazu bei, dass Nutzer_Innen, die das nicht können, weiterhin in der App bleiben. Mit unserem Content halten wir andere User_Innen in der App. Das ist die Aufgabe, die die Entwickler_Innen für uns vorgesehen haben.
4. Kurzlebigkeit
Ein Post auf Instagram lebt etwa 24 Stunden. Danach verschwindet er in deinem Profil und verliert mit der Zeit an Relevanz. Er wird nicht mehr ausgespielt. Für die Inhalte, die ich und andere erstellen, ist das einfach schade. Alles verschwindet hinter der Flut von neuerem Content und wird einfach nicht mehr so leicht gefunden. Die intensive, lange Arbeitszeit, die für gute Inhalte investiert wird, geht dabei schlicht und einfach verloren und verpufft im Äther der App.
5. Privatsphäre
In den letzten Monaten habe ich mehr persönliche Geschichten geteilt, weil ich auch einfach mehr Persönliches zu erzählen hatte und das auch teilen wollte, weil es einen Mehrwert hat. Trotzdem bin ich immer sehr vorsichtig und zurückhaltend mit Standorten und anderen Details. Bei Instagram und Meta fühle ich mich einfach nicht mehr sicher.
Ich möchte ja, dass Leute meine Sachen lesen und teile sie deshalb öffentlich. Trotzdem muss nicht unbedingt jeder jedes Detail über mich wissen. Über soziale Medien lässt sich jedoch leicht herausfinden, wer wo was wann tut, auch wenn das nicht direkt geteilt wird oder offensichtlich einsehbar ist.
6. Überforderung
Ich bin schlichtweg überfordert mit den ganzen Möglichkeiten, die ich inzwischen habe und nutzen soll.
Ich poste oft über die Meta Business Suite, weil ich da meine Beiträge planen kann. Viele Funktionen dort kenne ich gar nicht. Natürlich geht da viel Potential verloren und ich lasse viel auf der Strecke liegen. Ich habe aber weder die Zeit, noch die Motivation, mich in immer komplexere Systeme reinzufuchsen.
Eigentlich will ich ja nur gefunden werden, damit Interessierte von meinen Inhalten profitieren können. Mit einem undurchschaubaren Algorithmus erscheint mir das aber heutzutage einfach zu komplex.
7. Zensur
Zudem muss ich nun immer aufpassen, dass ich mich einigermaßen an irgendwelche Community Richtlinien halte, weil ich sonst Gefahr laufe, gebannt oder zensiert zu werden. Unpopuläre Meinungen, die nicht in die gesellschaftliche Norm passen, gehen dabei unter.
8. Sicherheit
Ich lese vermehrt von Hackerangriffen auf Profile. Ich bin froh, dass ich noch nicht populär genug bin, um so einem Angriff zum Opfer gefallen zu sein. Den Angreifer_Innen geht es ja meistens um die Verbindungen, über die sie an die Bankdaten kommen. (Darum: Regelmäßig das Passwort wechseln und nicht überall dasselbe Passwort verwenden!)
Von immer mehr Nutzer_Innen wird das Profil gesperrt und es ist sehr schwierig bis unmöglich, die eigenen Sachen, den Kanal oder das Profil, in das man vielleicht schon viel Arbeit gesteckt hat, je zurückzubekommen.
9. Diebstahl geistigen Eigentums
Natürlich muss man damit rechnen, kopiert zu werden, wenn man sein geistiges Eigentum veröffentlicht. In den sozialen Medien gibt es jedoch, dagegen vorzugehen oder sich davor zu schützen.
Als Reisemensch
1. Zeit
Auf Reisen verbringe ich meine Zeit lieber in der Realität als in einer App. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.
2. Ausschnitt und Erwartungen
Wir sehen und finden ja immer nur das, was wir auch erwarten. In der Blase der sozialen Medien spielt uns der Algorithmus bereits das aus, was sowieso schon gut in unser Bild passt. Wir haben kaum eine Chance, außerhalb dieser eingeschränkten, vorgefertigten Bilder Inspiration zu finden. Und wenn wir dann vor Ort sind, machen wir genau die Erlebnisse, die wir eben erwartet haben aufgrund der Vorprogrammierung durch die sozialen Medien. Wir reproduzieren diese Bilder und Erfahrungen, wir teilen sie mit anderen, die wiederum dieselben Erfahrungen machen.
Der Geschmack und die Bilderkultur in verschiedenen Ländern ist unterschiedlich. Deswegen könnten auch Werbekampagnen von kleinen Tourismus-Unternehmen aus anderen Ländern uns sogar erstmal abschrecken als interessieren. Einfach, weil wir die Bildsprache nicht gewöhnt sind und ganz andere Dinge visuell wertschätzen. Noch ein Punkt, warum wir in unserer Erwartungsblase gefangen bleiben.
Und während wir unsere Erwartungen auf Fotos reproduzieren, werden wir gleich noch zu Werbetreibenden für Destinationen.
Der Gast ist heute nicht nur Gast. Er ist auch ein Multiplikator.
Evelyn Götz von der Agentur crosseye im Interview mit flockler.
Da frage ich mich, wie “echt” und “authentisch” und “uninszeniert” ein Reisefoto noch sein kann.
3. Dopamin & Abhängigkeit
Es sind schon Menschen gestorben, weil sie ein besonders spektakuläres oder gefährliches Foto oder Video für die sozialen Medien aufnehmen wollten. Wer die Kontrolle verliert, tut alles für ein paar mehr Likes, weil diese eine chemische Reaktion im Gehirn auslösen, die sich einfach gut anfühlt und süchtig macht. Darum verändern sich Destinationen teilweise hin zu Instagram-Kulissen
4. Kurzlebigkeit
Destinationen und Orte, die vom Tourismus leben, sind gezwungen, immer neue Inhalte zu produzieren, um relevant zu bleiben. Es reicht nicht, wenn man ein gutes Hostel oder ein solides anderes Reiseziel hat oder ist. Neben dem Tagesgeschäft muss ständig neuer Content entstehen, weil alles, was älter als zwei Tage ist, an Bedeutung und Einfluss verliert.
Für mich als Reisende bedeutet das auch eine Flut von Informationen, durch die ich mich oberflächlich durchscrollen kann, ohne dass wirklich etwas hängen bleibt und Trends, die sich immer schneller verändern, ohne dass etwas Verlässliches von Dauer übrig bleibt.
5. Privatsphäre & Sicherheit
Urlaub und Reisen hat sich von einer privaten, erholsamen Angelegenheit gewandelt zu einer Image-Kampagne. Wer seine Standorte und Flugtickets mit der ganzen Welt teilt, muss sich bewusst sein, dass das Auswirkungen auf seine Privatsphäre und auch seine persönliche Sicherheit haben kann.
6. Überforderung
Weil immer alle wissen wollen, wo ich bin und was ich mache, fühle ich mich fast schon verpflichtet, regelmäßig von unterwegs zu berichten. In den sozialen Medien geht das ja scheinbar schnell. Aber auch hier stellen sich einem Kopfmenschen wie mir viele Fragen:
Kann ich das so teilen? Sollte ich mich regelmäßiger melden? Muss alles immer gleich öffentlich sein? Welches Foto oder welches Video eignet sich am Besten?
Oft bin ich so damit beschäftigt, gute Fotos für Instagram zu schießen, dass ich vergesse, mich auf die eigentliche Reisemagie zu konzentrieren.
Dadurch verändert sich auch mein Verhalten vor Ort:
Phones put a barrier between tourist and destination, actively preventing immersion.
Interview mit Dr. Lauren Siegel von der Universitat Greenwich bei Much Better Adventures
Doch nicht nur Personen sind überfordert. Weil in den sozialen Medien, besonders auf Instagram, unbekannte Orte gehypt wurden, wurden schon ganze Ökosysteme durch Overtourism zerstört. Lokale Anwohner_Innen wurden in ihrem Alltag gestört oder sogar vertrieben. Mancher Ort musste für alle gesperrt werden, weil er auf Instagram viral ging, was etliche negative Konsequenzen nach sich zog.
7. Zensur
Zensur bedeutet, dass ich nicht alles zu sehen bekomme, was zum Beispiel über mein nächstes Reiseziel veröffentlicht wird. Besonders das, was nicht in die allgemeinen Erwartungen all der anderen Reisenden passt. Es ist also sehr schwer, sich im Vorfeld ein umfassendes, komplexes, diverses und authentisches Bild zu machen.
8. Diebstahl geistigen Eigentums
Auf Reisen (und zu Hause) kann ich mich nicht mehr wirklich darauf verlassen, wer die Inhalte ursprünglich produziert hat, die ich sehe. Inzwischen ist es teilweise richtig schwer geworden, authentischen, originalen Content von gestohlenem oder gestelltem zu unterscheiden.
Die positiven Seiten von sozialen Medien
Natürlich haben Instagram und Co. auch ganz viele Vorteile:
- Ich komme mit so vielen Menschen in Kontakt, die keine Webseite haben. Es haben sich schon die besten Gespräche und die schönsten Begegnungen und Freundschaften über Instagram für mich ergeben.
- Ich habe schon sehr viel gelernt. Viele Menschen teilen umfassendes Wissen auf ihren Profilen, das mich im Alltag weiterbringt. Andere inspirieren mich und stacheln meine eigene Kreativität an.
- Es ist eine kreatives Outlet, auf dem Menschen kostenfrei ihre Arbeit und ihre Kunst mit der Welt teilen können, ohne zwischengeschaltete Gatekeeper. Auch ich kann dort kostenlos Werbung machen für meine Angebote und meine Expertise teilen.
- Ich finde Informationen von Reisenden, die nicht von Werbeagenturen aufpoliert wurden. Besonders beim Reisen sind für vielen Menschen individuelle, persönliche und authentische Perspektiven inzwischen informativer als die ausgeklügelten Kampagnen der Destinationen. (Doch auch hier vermischen sich die Formate. Reisende und Influencer_Innen können natürlich auch bezahlt werden für ihre Werbearbeit. Wie transparent oder glaubwürdig das ist, müssen dann wieder die Konsument_Innen und Follower_Innen entscheiden.)
Ich schreibe diesen Artikel hier auch nicht unbedingt, um die sozialen Medien nur schlechtzureden. Vielmehr hilft es mir, mich persönlich mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Es ist wahrscheinlich nicht alles schlecht an Instagram. Und wer sich dort wohlfühlt und gute Ergebnisse erzielt, hat sicher eine gute Strategie im Umgang mit der App gefunden.
Mich interessiert aber gerade die Komplexität. Und wenn ich mich mit etwas nicht wohlfühle, gehe ich diesem Bauchgefühl gerne nach und erforsche die tieferen Zusammenhänge.
Das Problem ist das System.
Natürlich sind die Probleme, die ich mit den sozialen Medien habe, alles meine eigenen, die ich vielleicht gar nicht hätte, wenn ich mir nicht so viele Gedanken machen würde. Da mir respektvolles und achtsames Reisen ohne Social Media aber wichtig ist, spielen die oben genannten Nachteile der sozialen Medien für mich durchaus eine große Rolle.
Besonders die Repräsentation ist für mich entscheidend. Denn nach wie vor werden in den sozialen Medien neokoloniale Klischees reproduziert und betroffene Menschen haben kaum die Möglichkeit, dieses Bild zu ändern.
Und auf der persönlichen Ebene habe ich einfach die Selbstkontrolle verloren, sodass ich immer weiter scrolle und meine kostbare Zeit verschwende.
Ich könnte also einfach einen besseren Umgang finden, meine Reichweite nutzen, um die Bilder und Ansichten zu ändern und mich selbst in den Griff kriegen.
Ich müsste ab jetzt die volle Verantwortung übernehmen und andere machen lassen, wie sie wollen.
Der Haken: Solange ich meine Inhalte weiter auf Instagram teile, halte ich andere, die vielleicht noch mehr Kontrolle als ich verloren haben, in der App. Ich füttere das System und den Algorithmus mit Inhalten, die wiederum an andere Nutzer_Innen ausgespielt werden, die ja vielleicht auch eigentlich was anderes mit ihrer Zeit anfangen wollten.
Die Unternehmen hinter den sozialen Medien sind genau das: Unternehmen. Sie schalten undurchschaubare, manipulative Algorithmen. Sie haben viel Geld und Macht und mehr Einfluss, als wir uns vielleicht vorstellen können. Die sozialen Medien zu verlassen ist inzwischen schon fast ein Trend, aber das wird die Konzerne nicht davon abhalten, weiterhin den Schaden anzurichten, den sie eben anrichten. Neben den kleinen Schritten im Privaten braucht es also auch ein gutes Maß an Kontrolle auf politischer Ebene.
Meine Angst, wenn ich ohne Social Media reise und lebe
Meine größte Angst ist es, potentielle Kund_Innen zu verlieren bzw. nicht von ihnen gefunden zu werden.
Reisemenschen sind nun mal auf Instagram zu finden. Die Plattform bietet sich ja mit ihrem visuellen Schwerpunkt auch dafür an. Wenn ich die Plattform also nun verlassen oder nicht mehr bespielen sollte, fürchte ich, dass mir dieser Teil des Kuchens entgeht.
Meine Strategie für ein Leben und Reisen ohne Social Media:
- Ich formuliere meine Intention: Fokus. Klarheit. Ein gutes Gefühl haben. Mehr Energie und Zeit für die wichtigen Dinge haben. Meinen Kindern ein Vorbild sein. Wirklich für meine Kinder und Mitmenschen da sein. Aufmerksamkeit, Präsenz und Achtsamkeit. Kontrolle über mein Leben. Unabhängigkeit von Technologien. Kreativität und Schöpferkraft.
- Ich lösche die Apps von meinem Handy und nutze die Funktionen nur noch am Laptop. (Vermutlich kann ich das allerdings erst machen, wenn ich meine Stories verwaltet habe.)
- Ich installiere Tracker, um zu sehen, wie viel Zeit ich wann noch auf den Plattformen verbringe. Wenn es mir immer noch zu viel erscheint, richte ich Sperren ein, um sicher zu gehen, dass diese Zeitverschwendung ein Ende hat.
- Ich reinige meine Profildaten. Ich ändere Geburtsdatum, Name, Telefonnummer und Standort und fahre alles soweit zurück, wie es für die minimale Nutzung der App notwendig ist.
- Ich bereinige meine Beiträge und Stories in Instagram und Facebook. Alles, was nicht mehr aktuell oder nicht absolut hilfreich für andere ist, fliegt raus. Was auch heute noch Mehrwert hat, lade ich herunter und speichere es lokal ab, für die spätere Weiterverwendung.
- Ich speichere meine gespeicherten Beiträge von anderen (die mit den Lesezeichen) anderswo ab (vermutlich bei Notion) und lösche sie dann von Instagram.
- Ich entfolge allen Profilen, die mir nicht mehr wichtig sind. Von denen, die mir wichtig sind, suche ich einen Newsletter, einen feedly-Feed, einen Substack, einen Telegram-Kanal, einen Podcast, oder zumindest eine Webseite und entfolge ihnen dann bei Instagram und Facebook auch.
- Ich schaue mir meine Follower_Innen nochmal ganz genau an, nehme die Erkenntnisse mit in meinen Customer Avatar und lösche sie dann. Vielleicht kriegen sie vorher auch noch eine persönliche Nachricht, damit sie sich in meinen Newsletter eintragen können.
- Ich konzentriere mich auf die Alternativen, um meine Reichweite zu erhöhen und meine Arbeit zu bewerben: ein Newsletter-Magazin, SEO, Gastbeiträge, einen Podcast starten, die Email-Signatur verwenden, über Pinterest recherchieren.
- Ich suche nach Alternativen, um Menschen im echten Leben kennenzulernen und mich mit ihnen hier vor Ort zu vernetzen.
- Ich lasse mir die Option offen, wieder zurückzukehren, wenn ich einen großen Mehrwert darin sehe.
- Ich erweitere das Projekt und verabschiede mich vielleicht als nächstes auch von YouTube. Dann geht es darum, meinen digitalen Fußabdruck zu verkleinern.¹ Und schließlich steht die Auseinandersetzung mit der Smartphone-Nutzung an sich an.
Das Ziel: Leben und Reisen ohne Social Media – der konkrete erste Schritt.
Ich stelle mir meinen Account mit maximal einem einzigen Post vor (wenn überhaupt), aus dem hervorgeht, dass ich nicht in den sozialen Medien aktiv bin und warum, und wo man mich stattdessen findet.
To be continued
Ich halte dich hier auf dem Laufenden, wie die Sache läuft und teile gerne meine Erkenntnisse mit dir.
Und du? Reist du ohne Social Media?
Findest du das alles übertrieben? Oder kannst du meine Überlegungen nachvollziehen? Wie gehst du mit Instagram und den sozialen Medien auf Reisen um? Fühlst du dich wohl? Teile gerne deine Strategien in den Kommentaren mit mir.
Weiterführende Links & Dokus
¹ Meinen digitalen Fußabdruck werde ich ausgerechnet mit den Tipps aus diesen Instagram-Posts verkleinern:
- Abi Bouhmaida (@forgoodcode): How to delete your digital footprint Part 1
- Part 2
- How to delete yourself from the internet
Filme
- The Social Dilemma (und entsprechende Kritik dazu!)
- The Great Hack (und entsprechende Kritik dazu!)
- Attention Wars
Unlearn Online
ein Online(!)-Kurs auf Spendenbasis von Lara Vesta über den Umgang mit Social Media im spirituellen Kontext
Reisen ohne Smartphone
Mein (nicht mehr ganz aktueller) Gastartikel zum Thema bei flocutus.
Sabine von ferngeweht reist ganz ohne Handy.
Anmerkungen
Alle Bilder sind von unsplash.com.
Diesen Artikel über das Reisen ohne Social Media habe ich zu 100% ohne die Hilfe von künstlicher Intelligenz geschrieben.
[…] Instagram und Facebook verlassen. […]